Gleichstellungsauftrag – Postulat im Nationalrat 18.3120

Dass die tatsächliche Gleichstellung in allen Lebensbereichen in der Schweiz noch nicht erreicht ist, darüber sind wir uns wohl einig, geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Und es reicht bei weitem nicht, einfach das AHV-Rentenalter der Frauen an dasjenige der Männer anzugleichen! Es gibt nach wie vor viele Bereiche mit grossem Gleichstellungs-Handlungsbedarf, ich gehe kurz auf drei Bereiche ein:

  • Es ist absolut stossend, dass Frauen gemäss Zahlen des Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2016 im privaten Sektor durchschnittlich 19,4% weniger verdienen als Männer und dass immerhin 40% dieser Lohndifferenz nicht erklärbar ist[1].
  • Nach wie vor leisten Frauen den Grossteil der Betreuungsarbeit in der Familie und mit betagten Menschen. Und noch immer sind die negativen Konsequenzen dieses gesellschaftlichen Engagements zu wenig abgefedert. Betroffene müssen einschneidende Einkommenseinbussen, schlechtere Renten und verminderte Karrierechancen in Kauf nehmen.
  • In der Politik sind Frauen bis heute untervertreten. So betrug der Frauenanteil im Jahr 2019 in kantonalen Regierungen im Durchschnitt 24,7%, in kantonalen Parlamenten 29,2%.

Diese Missstände können nur mit einem gemeinsamen Engagement von Bund, Kantonen und Gemeinden behoben werden. Und das ist auch richtig so, denn gleichstellungspolitische Massnahmen sollen möglichst gut auf die regional unterschiedliche Lebensrealität der Bevölkerung abgestimmt sein.

Beunruhigend ist, dass Gleichstellungsinstitutionen seit einigen Jahren unter zunehmenden politischen und finanziellen Druck geraten[2]. Es darf nicht sein, dass unsere gleichstellungspolitischen Kompetenzzentren aus Ressourcenmangel ihrem gesetzlichen Auftrag nur noch sehr beschränkt nachgehen können und die Schweiz bzgl. Gleichstellung stehen bleibt oder gar Rückschritte macht.

Mit meinem Postulat soll der Bundesrat beauftragt werden, in einem Bericht aufzuzeigen, wie, mit welchen Massnahmen und mit welchen Mitteln die Schweiz ihren verfassungs- und völkerrechtlichen Auftrag zur Gleichstellung erfüllt. Ich bin klar der Meinung, dass eine solch umfassende Zusammenstellung von Wissen und Informationen zu Gleichstellungsmassnahmen, zu Ressourcenplanungen und zu neuen Herausforderungen für die Kantone und Gemeinden bei der Erfüllung ihres Gleichstellungsauftrags hilfreich ist.

Zudem soll der Bericht die Frage beantworten, wie sichergestellt wird, dass in allen Regionen der Schweiz der Sozialgestaltungsauftrag der Bundesverfassung im Bereich der Gleichstellung umgesetzt wird. Denn das Bundesgericht sagt zurecht, dass Bund und Kantonen ein Ermessensspielraum zusteht bei der Frage, wie sie den Auftrag erfüllen, dagegen sei vorgegeben, dass etwas gemacht werden müsse, solange das Ziel der tatsächlichen Gleichstellung noch nicht erreicht ist.

Ich bin überzeugt, dass von einer tatsächlichen Gleichstellung die gesamte Bevölkerung profitiert, und rufe Sie deshalb auf, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, das von mir eingereichte Postulat anzunehmen.

[1] BfS-Analyse der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern 2016: Im öffentlichen Sektor lag der Lohnunterschied im Jahr 2016 durchschnittlich bei 16,7%. Teilweise sind die Lohnunterschiede auf strukturelle Faktoren zurückzuführen, die gleichzeitig mit persönlichen Merkmalen (Alter, Ausbildung, Dienstjahre), mit Merkmalen der im Unternehmen besetzten Stelle und mit dem ausgeübten Tätigkeitsbereich zusammenhängen.

[2] Vgl. Zwischenbericht der Schweiz zur Umsetzung der Empfehlungen des CEDAW—Ausschusses vom Dezember 2018

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  • FERI Mit-Wirkung

    Staat und Wirtschaft werden oft als Konkurrenten dargestellt. Doch beide brauchen einander und wir brauchen beides: einen starken Staat und eine prosperierende Wirtschaft! Als Nationalrätin setze ich mich dafür ein, dass Staat und Wirtschaft die Verantwortung dafür teilen, dass die Bevölkerung gut und selbstbestimmt leben kann. Der Staat soll Anreize für die Wirtschaft setzen, sich sozial und ökologisch zu engagieren. Die Wirtschaft ist aufgefordert, Krippen anzubieten, nachhaltig mit Ressourcen umzugehen, junge Menschen auszubilden, Teilzeitstellen zu schaffen, Stellen für sozial Schwächere anzubieten und Personen mit einem Handicap zu beschäftigen. Und zwar so, dass es für alle Beteiligten Sinn macht. Hier geht es zu meiner beruflichen Tätigkeit, der Einzelfirma FERI Mit-Wirkung.

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